Von Silvia Hildebrandt und Ira Habermeyer
Klappentext:
Im Sommer 1985 begegnet der junge, aufstrebende Geheimdienstler Attila am Balaton dem mehr als zwanzig Jahre älteren Rimas Rutkus.
Schon bald fühlen sie sich zueinander hingezogen. Aus einer leidenschaftlichen Affäre entwickelt sich schnell mehr.
Jedoch haben beide voreinander brisante Geheimnisse, die auf keinen Fall ans Tageslicht kommen dürfen. Im Zuge eines Geheimauftrags werden sie in die Ermittlungen um einen politischen Mord hineingezogen, und stehen dabei auf verschiedenen Seiten.
Hat ihre Liebe eine Chance, wenn sie sich immer tiefer in die Angelegenheiten des KGB, der ÁVH und der Securitate verstricken.
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© Silvia Hildebrandt und Ira Habermeyer
Buchcover: © Renée Rott, Dream Design Cover and Art
Bild: © ›BuchsüchtigQueerblog‹
Meine Meinung:
Attila kannte ich schon aus „Die Stadt der Freiheit“ und schon damals habe ich ihn geliebt. Für mich ist er ein Charakter, der feinfühlig und irgendwie melancholisch ist. Silvias Schreibstil zog mich auch sofort in seinen Bann und so flogen die ersten Seiten nur so an mir vorbei. Im Gegensatz zum ersten Band der Reihe ist die Grundstimmung hier nicht so beklemmend und düster. Das kam dann später, gepaart mit Hoffnungslosigkeit und einem unaufhaltsamen Ritt ins Verderben, bei dem mir der Atem stockte…
Bei Rimas war ich mir unsicher, was ich von ihm halten sollte. Unsympathisch war er mir nicht, aber er strahlte etwas Bedrohliches aus, dass ich noch nicht ganz einordnen konnte und irgendwie wollte ich ihn mögen, da er charmant sein konnte. Wie bei der Begegnung mit einem jungen Mann am Balaton, bei der er vorsichtig und doch zielstrebig vorging. Der Zeit geschuldet war es nicht so einfach Interesse zu bekunden. Heute würde sich Rimas maximal eine Abfuhr holen, aber zu seiner Zeit hätten die falschen, Worte, Gesten und Blicke sehr unschön enden können.
Attila in diesem Buch als jung und etwas schüchtern zu erleben war bezaubernd und irgendwie auch eigenwillig. Aber auf eine gute Art. Es machte ihn menschlich. Die Annäherung zwischen Rimas und Attila war wundervoll. Interesse ist sofort da und doch sind sie so vorsichtig, als würden sie etwas unweigerlich verlieren, wenn sie entschlossener vorgingen. Sie tasten sich langsam vor, abwartend, lauernd. Und trotz allem schwingt bei Attila eine Melancholie und Vorsicht mit, die mir das Herz zerriss. Er will so viel und steht sich doch ein wenig selbst im Weg. Ich habe mir so sehr gewünscht, dass sie an einem anderen Ort wären, zu einer anderen Zeit… Sie haben ineinander etwas Kostbares und Wertvolles gefunden und ich hatte Angst, dass sie es verlieren, bevor es richtig beginnen kann. Dass sie auf unterschiedlichen Seiten stehen und beide noch cht einfach ausbrechen können, machte die ganze Geschichte nur noch komplizierter. Ich hätte sie am liebsten geschnappt und in eine andere Welt zu einer anderen Zeit leben lassen.
Beide haben ihren Auftrag und dadurch nicht unendlich viel Zeit füreinander. Vielmehr spitzt sich die Lage entsetzlich zu und wo eben noch Harmonie herrschte, machten sich Verrat, Enttäuschung und Trauer breit. Alle gefassten Pläne lösten sich in Luft auf. Alle Träume wurden von der Realität niedergetrampelt und zerstört. Ich hätte heulen können…
Und doch wurde es so unsagbar spannend, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte. Silvia und Ira ließen mich an jeder noch so kleinen Regung teilhaben und zu jeder Sekunde bei Attila und Rimas sein. Als wenn ich ein stummer Beobachter wäre, habe ich atemlos jeden Moment verfolgt und hoffte, entgegen meiner Ahnungen. Ich war mir absolut sicher, dass es nicht gut enden könnte für Attila und Rimas. Sie haben keine Chance gegen die Zeit in der sie sich befinden, gegen die Verpflichtungen die sie erfüllen müssen und gegen die Politik, der sie sich beugen müssen um weiter existieren zu können, denn Leben will ich es nicht nennen. Wie kann man leben ohne Freiheit, ohne Liebe und ohne Sicherheit? Ohne Hoffnung…
Die Lage spitzte sich so sehr zu, dass alles in Chaos und Leid versank. Nichts blieb mehr außer Gewalt, Hass und Dienstbeflissenheit. Und mittendrin Attila und Rimas die um ihr Leben, ihre Liebe und für eine Zukunft kämpfen. Das Ende war unendlich nervenaufreibend und bis zur letzten Sekunde habe ich mit allem gerechnet. Mit dem Tod, einer goldenen Zukunft und allem, was dazwischen liegen mag. Ich habe um Rimas und Attila gebangt, da sie mir beide so sehr ans Herz gewachsen waren und ich sie retten wollte. Aber wie rettet man jemanden vor sich selbst… oder vor seiner Pflicht…
Ein großartiges Buch voller Liebe, Hass, Verrat und Hoffnung(slosigkeit). So spannend und aufregend, dass es mich fast zerriss. Ich habe es sehr gerne gelesen und empfehle es wärmstens weiter, da es nicht nur eine wundervolle, spannende und melancholische Geschichte erzählt, sondern auch sehr informativ ist. Zudem hat mich der Stil regelrecht durch die Seiten getrieben, die manchmal zart und wundervoll waren und an denen ich mir aber auch die Haut bis auf’s Blut aufgerissen habe. Attila wird immer einen besonderen Platz in meinem Herzen einnehmen und ich habe nach dem letzten Wort dieses Buches, welches mich sehr aufgewühlt zurückgelassen hat, sofort den dritten Band der „Cold War Fiction“-Reihe begonnen, denn die Verwicklungen der Geheimdienste, die Doppelzüngigkeit der Protagonisten und die düstere Grundstimmung die die gesamte Geschichte umschwebte, ließen mich einfach nicht los. Niemand scheint nur der zu sein, der er vorgibt und hinter jedem Wort lauern Verrat und Betrug. Nicht immer sind sie auch vorhanden, aber es ist unendlich schwer Vertrauen in einer Welt zu fassen, die nur Feinde und Korruption kennt.
Erscheinungsdatum: 26. Februar 2022
Seitenzahl Taschenbuch: 329