Jobst Mahrenholz im Interview

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Cover: ©Main Verlag | Antonio Kuklik
Portrait: ©Jobst Mahrenholz

Wie bist du zum Schreiben gekommen, und wie lange schreibst du schon?

Ich habe Literatur und kreatives Schreiben studiert, weil ich es können wollte. Dann kam noch eine Ausbildung zum Journalisten dazu, was meine Sprache sehr geschliffen hat. So viel zum Handwerk. Das Entscheidende jedoch sind die Geschichten, die erzählt werden müssen. Da bleibt einem keine Wahl. Die wollen raus.

Welche Aspekte sind dir in deinen Büchern wichtig, was willst du vermitteln?

In meinen Geschichten geht es ums Zwischenmenschliche. Gerne um Konflikte. Wie sie entstehen, was sie mit einem machen, wie man ihnen entkommen kann, oder auch nicht. Familienstrukturen sind da ein sehr dankbares Thema.

Worüber würdest du gerne einmal schreiben, hast dich bisher aber noch nicht herangetraut?

Ein Drehbuch zu einer meiner Geschichten.

Welche Autoren liest du selbst gerne und warum?

John Irving, ich liebe seine Figuren, vor allem aber wie er mit ihnen umgeht, James Baldwin, mehr geht nicht, Jana Walther, ihre Sprache lässt mich lauschen, S.B Sasori, sie reißt mich mit – um eine Auswahl zu nennen.

Was tust du, wenn du eine Schreibblockade hast?

Ich lese meine Bücher, um in meiner Sprache zu bleiben und ich denke viel nach.

Welches deiner Bücher liegt dir am meisten am Herzen?

›Tullio‹! Nicht, weil es das aktuellste ist – oder vielleicht ein bisschen deswegen – aber es ist auch sehr persönlich, vor allem aber sehr eigenartig geraten, was ich mag.

Wie gehst du mit negativen Rezensionen um? Belastet dich diese Kritik, oder versuchst du daraus für die Zukunft zu lernen? Natürlich nur, sofern es sich um konstruktive Kritik handelt.

Bisher habe ich wenig Erfahrung damit. Bei ›Tullio‹ wird sich das ändern, denke ich mal. Ich habe nichts gegen die eigene Meinung, also habe ich auch nichts dagegen, wenn meine Bücher nicht gemocht werden. Geht mir ja nicht anders, als Leser. Ich käme allerdings nicht auf die Idee, eine Gestaltwandlergeschichte zu kritisieren, weil Gestaltwandler drin vorkommen. Ich lese sie dann einfach nicht.

Was inspiriert dich, zu deinen Plots?

Bei ›Haus aus Kupfer‹ war es Leelah Alcorn, die, bevor sie sich das Leben nahm, einen Appell in die Welt schickte: »Ändert was an der beschissenen Situation von uns Transgendern.« forderte sie. Ich habe überlegt, wie ich ihrem Wunsch nachkommen kann und habe dann das Buch geschrieben. Die Erfahrungen während des Schreibprozesses haben mein Leben enorm umgekrempelt.
Bei ›Eine Ahnung von Pan‹ war der Wunsch da, einen Antihelden zu erschaffen, und eine Hommage an Dürrenmatts ›Der Besuch einer alten Dame‹ mit einzuweben. Da liebte ich das Rachemotiv, hab es abgeändert übernommen.
So in etwa ist es immer bei mir.

Was würdest du dir von deinen Lesern wünschen?

Feedback.

Gibt es einen Protagonisten in deinen Büchern, den du ganz besonders liebst oder ganz besonders hasst?

Ich liebe sie alle. Besonders ins Herz geschlossen habe ich Ilario aus ›Tullio‹, einfach, weil es beim real existierenden Ilario ganz genau so ist.
Gibt es eine bestimmte Zeit, in der du am liebsten schreibst?

Am Tag, nicht am Abend und in der Nacht.

Wie muss deine Umgebung beschaffen sein, damit du gerne schreibst?

Das ist egal. Ich kann überall schreiben, vorausgesetzt ich habe Kopfhörer, um die Außenwelt abzuschirmen.

Gibt es etwas, das auf keinen Fall fehlen darf, wenn du schreibst?

Musik. Ohne Musik kann ich nicht schreiben.

Schreibst du mehrere Bücher parallel oder lieber eines nach dem anderen?

Nacheinander. Ich brauche für ein Buch im Schnitt ein Jahr. Da konzentriere ich mich voll und ganz auf diese eine Geschichte.

Hast du alle Länder, in denen deine Bücher spielen selbst besucht, oder gibt es auch welche, die du noch gerne bereisen willst?

Meine Bücher spielen beinahe ausnahmslos in Italien, die Schauplätze sind mir meist sehr vertraut. Mein ›Pan‹ wurde in dem Haus geschrieben, in dem er spielt.
Japan würde mich reizen – dort siedele ich gerne Erotik an, die ich unter Pseudonym veröffentliche. Aber da ich Reisen wirklich hasse, werde ich es wohl nicht bis dort schaffen

Entstehen alle deine Bücher in Eigenregie oder hast du bei bestimmten Phasen des Entstehungsprozesses Hilfe? Wenn ja, wo und in welcher Form?

Eigenregie. Ich bin menschenscheu, nicht sehr kompatibel.

Welches Buch würdest du einem Leser, der deine Bücher entdecken will, als Einstieg empfehlen?

›Der linke Fuß des Gondoliere‹. Die Geschichte gibt einen guten Einblick in meine Art zu erzählen. Und es wird sehr geliebt.

Was hast du als nächstes Projekt geplant?

Etwas biografisches, das meine ersten beiden Bände der ›Il gusto di Lauro‹ – Reihe ergänzen wird. Mit Rezepten und einem recht intimen Einblick in mein Italien.
Das passt in sofern prima, da es in den beiden Bänden um die Geschichte eines italienischen Kochs geht.

Gibt es etwas, was du noch ergänzen willst? Dann hast du JETZT die Gelegenheit. 😉

Kauft direkt beim Verlag, kauft in der Buchhandlung. So helft ihr denen, die die Bücher machen. Und meidet bitte Raubkopien, so verlockend es auch ist.

Wo findet man dich?

In meinem Haus, im Zentrum von Hannover oder in meinem Garten am See, je nach Wetter.
Und auf FB, ab und an.

Interview vom 03. Mai 2020