Die Stadt der Freiheit

von Silvia Hildebrandt

Klappentext:
Drei Freunde trotzen den gesellschaftlichen Konventionen ihrer Zeit.
Der Ungar Attila schwärmt heimlich für seinen Lehrer. Sein bester Freund Tiberiu, Sohn des Chefs der rumänischen Geheimpolizei, möchte sich in der Armee beweisen, sympathisiert aber mit einer Revoluzzergruppe. Und die Roma Viorica wird zur Hochzeit mit einem gewalttätigen Mann gezwungen.
Als ein politischer Skandal die drei auseinanderreißt, müssen sie sich entscheiden, auf welcher Seite sie kämpfen wollen.
Für oder gegen den Diktator Ceausescu. Für oder gegen das eigene Glück.

Eine Geschichte über Verschwörung und Revolution, Liebe und Hass und wie Freundschaft tiefe Gräben überwinden kann.

Bild: © Buchsüchtig
Coverbild: © Plattini Verlag

Meine Meinung:
Als Viorica zur Hochzeit gezwungen wird, wusste ich nicht, ob ich weinen oder schreien sollte. Diese himmelschreiende Ungerechtigkeit und Brutalität, die ihr da entgegenschlägt, und das auch im wahrsten Sinne des Wortes, war für mich einfach unfassbar. Ein Einzelschicksal interessierte hier niemanden. Weder auf Viorica, noch auf Attilas Sehnsüchte und Wünsche wurde Rücksicht genommen. Sie hatten beide nur zu funktionieren, wie es von ihnen erwartet wurde. Ich hasse so etwas. Keiner von Beiden hatte sich sein Leben so vorgestellt und doch waren sie machtlos, etwas dagegen zu unternehmen.

Das erste Mal liefen mir nach dem ersten Teil des Buches die Tränen, als eine Katastrophe Attilas Welt innerhalb von Sekunden auseinanderbrechen lässt, und nichts als Scherben zurückbleiben. Und auch in ihm zerbrach etwas. Um zu überleben hatte er nur eine Chance: er musste sich aus diesem Scherbenhaufen als ein anderer Mensch hervorkämpfen, was er schließlich auch tat. Er war gezwungen sein wahres Selbst zu verstecken und zu verleugnen. Und spielte seine Rolle perfekt und überzeugend. Wie furchtbar muss es sein, wenn man sich so sehr verstellen muss um zu überleben.

Aber es sind nicht nur diese beiden, die leiden und gefangen sind in ihrem Leben. Von Sergiu wird unmenschliches verlangt und auch er hat keine Chance zu entkommen, muss sich beugen und tun, wozu er gezwungen wird, ohne die Chance zu haben, sich widersetzen zu können. Das war wieder ein Moment, bei dem sich mir der Magen umdrehte… Selbstbestimmung? Freiheit? Nicht hier, nicht jetzt, vielleicht niemals…

Die Stimmung in diesem Buch ist bedrückend. Selten durften die Protagonisten sagen und zeigen, was sie fühlten. Viel häufiger waren sie gezwungen ihre wahren Gedanken und Emotionen unausgesprochen zu lassen, um weiterleben zu können.
Ein Mensch kann auf mehr als eine Art seiner Freiheit beraubt werden. Hier zeigte sich, wie schnell, einfach und effektiv so etwas gehen kann. Und wie grausam und unmenschlich es für die Betroffenen ist. Aber nicht nur die Freiheit ist hier ein rares Gut. Vor allem ist es das Vertrauen. Wie soll hier überhaupt jemandem vertraut werden, wenn selbst das vermeintlich sichere Terrain alles andere als das zu sein scheint.

Es war mein erstes Buch von Silvia Hildebrandt und ich habe es nicht aus der Hand legen können. Es ist unendlich fesselnd, mitreißend und spannend, was nicht nur an der Geschichte selbst, sondern vor allem an ihrem Schreibstil lag, der ihre Protagonisten ehrlich, real und wundervoll werden ließ.

Erscheinungsdatum: 02. März 2020 im Plattini Verlag
Seitenzahl Taschenbuch: 580 Seiten