Staub und Stolz

von C. Dewi

Klappentext:
Zwei Männer in einer archaischen Welt. Der eine von seinem Volk verstoßen und seines Namens beraubt, der andere dazu bestimmt, als Herrscher die Geschichte seines Reiches zu lenken.

Als Forlán zum Leibwächter des Kriegerprinzen Iain wird, gerät er in einen Strudel aus Gewalt und unterdrückter Anziehung. Zwischen den Männern entspinnt sich ein gefährliches Katz- und Mausspiel, bei dem es augenscheinlich nur Verlierer geben kann – denn Iains Weg als König ist vorgezeichnet. An seiner Seite ist kein Platz für einen Mann, der mehr als ein heimlicher Gespiele ist.

Cover: © Kerstin Klockow
Bild: © Buchsüchtig

Meine Meinung:
Meine Sympathien galten sofort Forlán, da er überlegt handelte und nicht vor Iain buckelte. Zwar kann er ihm, aufgrund seiner Stellung nicht so gegenübertreten wie er es gerne täte, aber auch in dem ihm aufgezwungenen Rahmen blieb er sich seiner Selbst bewusst. Das mochte ich sofort an ihm und ich fragte mich, wie er und Iain jemals einen Weg zueinander finden sollten, da ich Forlán als sehr stolz wahrgenommen habe und mir nicht vorstellen konnte, dass dieser sich jemals von Iain beherrschen lassen würde. Selbst ungerechte Bestrafungen weiß er zu ertragen und sich durch die Art wie er sie hinter sich bringt, Respekt zu verschaffen. Ich habe ihn als sehr starken Charakter wahrgenommen und wollte unbedingt mehr über ihn erfahren. Mit seiner selbstbewussten, respektierenden Art und seinem überlegten Wesen wurde er mir mit jeder Seite sympathischer und ich habe so sehr gehofft, dass sich alles für ihn zum Guten wendet. Während der ersten Seiten wurde ich nicht so ganz schlau aus Iain, der mit seinem Leben nicht glücklich zu sein schien und bei dem ich den Eindruck gewann, dass er in seinem goldenen Käfig gefangener war als Forlán, der sich weit ab seiner Heimat befand. Immer wieder gab es Situationen, in denen es in Iain scheinbar kochte und sich Worte ihren Weg Bahnen wollten, die er aber mit Gewalt in sich zurückhielt, um weder seine Gefühle noch seine Gedanken offenlegen zu müssen. Ich glaube, dass sein gefährlichster Kampf der Kampf gegen sein Inneres war, dem er zu gerne nachgeben wollte, wofür ihm aber lange Zeit der Mut fehlte.

Langsam näherten sich die beiden Männer dann doch an nur um sich wieder von einander zu entfernen und ich war mir nicht sicher, wie das Ganze noch ein gutes Ende nehmen sollte. Iain lässt nicht locker und Forlán schwankt zwischen vorsichtigem Herantasten, Voranstürmen und einem Rückzug, bei dem er Iain grob von sich stößt. Wenn er absolut kein Interesse gehabt hätte, wäre eine klare Ansage seinerseits gut gewesen, so aber taumelte er zwischen Nähe und Abstand und machte sich damit zu einer mehr als lohnenswerten Beute für Iain, der aus naheliegenden Gründen nicht von seiner Absicht ließ. Ich glaube in einer anderen Zeit, und an einem anderen Ort, hätten sie sich kurz die Schädel eingeschlagen und wären danach glücklich miteinander geworden. Hier leider nicht, denn sie können sich nur winzige Augenblicke stehlen und leben in ständiger Furcht vor Entdeckung, die sie das Leben kosten kann. Zudem schienen sie sich nicht ganz sicher zu sein wie sie das, was sie von dem anderen wollten, erreichen konnten, ohne ihr Gesicht zu verlieren. Sie kämpfen mit sich, gegeneinander, miteinander und keiner dieser Kämpfe hatte Aussicht auf Erfolg, denn sie bewegten sich immer schneller auf das Unvermeidliche zu, welches dann tatsächlich eintraf und schließlich nur noch mehr Verwirrung zurückließ. Irgendwie waren sie am Ziel, aber glücklich schienen sie beide nicht zu sein, da sie dieses Ziel dem Abgrund nur näher brachte. Sie leben zur falschen Zeit und am falschen Ort und können nicht so agieren, wie sie es vielleicht bräuchten um glücklich, oder wenigstens zufrieden, zu werden. Mir taten beide so unendlich leid und ich habe jede Sekunde mit ihnen gelitten. Selten geschieht es, dass ich mich Protagonisten in einem Buch so nah fühle und beinahe den Eindruck habe, sie zu kennen und wirklich zu verstehen. Hier war es so und ich hätte an manchen Stellen schreien wollen, aufgrund er Ungerechtigkeit, der Probleme, des Leides…

Es gab dementsprechend dann auch mehrere Momente, in denen es mir beim Lesen die Kehle zuschnürte. Beispielsweise, als Forlán die Bedeutung des Kosenamens herausfindet, den er von Iain erhalten hat. Und als Iain begriff, was Forlán ihm wortlas sagte, indem er ihm seinen Geburtsstein gab. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich etwas zwei Drittel des Buches gelesen und es riss mich immer mehr mit, immer tiefer hinein in diese Geschichte voller ungesagter Worte, voller bedeutungsschwerer Gesten und Blicke. Voller verpasste Chancen… auf Glück, Erfüllung… Liebe… Es ist eine grausame Welt, in der das Buch spielt und in der die beiden Männer um alles oder nichts kämpfen.

Eine Welt, die rau und grausam ist, in der man sich nur Augenblicke des Glücks stehlen kann und diese mit einem allzu hohen Preis bezahlt. Und trotz all der Grausamkeit und des Leides die für mich nur sehr schwer zu ertragen waren, habe ich jedes Wort genossen.

Ich habe gehofft, obwohl ich wusste, dass diese Hoffnung nicht erfüllt werden konnte. Zu grausam ist das Schicksal, dem sich Iain und Forlán gegenübersehen. Zu machtlos stehen sie ihren Verpflichtungen und ihrem Schicksal gegenüber. Und zu ungerecht ist die Zeit und die Gesellschaft in der sie leben.

Für mich war es ein unendlich emotionales Buch, bei dem mir immer wieder die Tränen über die Wangen liefen. Hier gibt es so viele verpasste Chancen, soviel unerfülltes Glück. Und zwei Leben, die gefangen sind in ihrer Pflicht, in der Moral ihrer Zeit, ihrem Stolz, ihrer Bestimmung und dem Wunsch all diesem zu entfliehen, ohne sich selbst zu verraten und ins Unglück zu stürzen. Für mich waren sowohl Iain wie auch Forlán sehr lebendig und nachvollziehbar beschrieben. Keine kleinen verschreckten Kinder, sondern erwachsene Männer, die mit gewissen Aspekten ihres Lebens einfach zur falschen Zeit am falschen Ort waren und deren Leben aus immerwährendem Kampf bestanden, was mir für beide unendlich leid tat, denn ich hätte ihnen Glück und Ruhe gewünscht, die ihnen verwehrt blieben und sie so in ein Leben zwangen, dass düster und schwermütig nur sehr selten von lichtvollen, strahlenden Augenblicken erhellt wird und dem sie weder entkommen können, noch die Chance haben irgendwie etwas zu ändern, ohne dabei einen viel zu hohen Preis zu bezahlen.

Ich weiß nicht mehr, wie oft mit beim Lesen die Tränen über die Wangen gelaufen sind… Unendliche Male, in denen mich meine Emotionen überrollten und die in dem Buch beschriebenen Gefühle und Handlungen etwas tief in mir bewegten. Es gibt eine Szene, in der Forlán und Iain in einem See stehen und das Schilf um sie herumwogt… Was dort geschah, berührte mich zutiefst und ich konnte meine Tränen wieder einmal nicht beherrschen. Ich wollte zwischen die Seiten greifen und Iain und Forlán weit weg an einen Ort bringen, an dem sie glücklich werden könnten. Aber selbst wenn es solch einen Ort geben sollte weiß ich nicht, ob ihnen ihr Stolz nicht doch irgendwie im Weg gestanden hätte.

Diese Geschichte frass sich regelrecht durch mich hindurch, wütete in mir und ließ nichts als Schmerz, Zerstörung und Trauer zurück. Ich habe bis zuletzt gehofft und doch wusste ich, dass diese Hoffnung vergeblich ist. Für mich erzählt dieses Buch eine der schönsten Liebesgeschichten, die ich jemals gelesen habe und die ganz ohne Kitsch und schwülstige zum Erbrechen langweilige und nervige Schwüre auskommt. In diesem Buch treffen zwei Welten aufeinander, zwei Leben, zwei starke, selbstbewusste und unendlich leidenschaftliche Männer, die eine so unendlich tiefe Verbindung zueinander haben, wie ich sie noch nie gelesen habe. Mir zerriss es das Herz an mehr als einer Stelle im Buch, mir liefen die Tränen in Strömen über das Gesicht und zeitweise konnte ich nicht weiterlesen, weil ich nichts mehr gesehen habe. Das gesamte Buch ist hochemotional und ich bin beeindruckt von den Gefühlen die C. Dewi auf den Seiten transportiert hat um die Geschichte von Iain und Forlán zu erzählen, die für mich zu einer meiner liebsten wurde und die ich uneingeschränkt empfehlen kann. Zucker sucht man in diesem Buch vergeblich, aber dafür bekommt man wahre Gefühle, die ich so in dieser Art bisher noch nicht lesen durfte.

Ich habe drei Tage gebraucht um die 600 Seiten des Buches zu lesen und habe es nur aus der Hand gelegt, um zu schlafen, zu essen, oder wenn es zu grausam wurde und ich das Leid, das den beiden Liebenden auferlegt wurde, nicht mehr ausgehalten habe. Von mir eine so klare Leseempfehlung, wie man sie nur aussprechen kann, denn dieses Buch ist ein kostbares Juwel, ein Wunder und ich bin unendlich dankbar, dass es dieses Buch gibt.

Erscheinungsdatum: 16. April 2013 im Incubus Verlag
Seitenzahl Taschenbuch: 621