Der Liebhaber meines Mannes

von Bethan Roberts

Klappentext:
Marion ist hingerissen von Tom, dem großen Bruder ihrer besten Freundin, einem unverschämt gutaussehenden jungen Mann mit blonden Locken und blauen Augen. Gleich bei der ersten Begegnung, da sind sie noch Teenager. Für sie ist er der Mann ihres Lebens, und so übersieht sie alle Zeichen, jeden Hinweis, dass Tom sich nicht für sie interessiert. Nicht für sie als Frau. Trotzdem hofft sie auf einen Heiratsantrag, und als er ihn endlich macht, ist sie glücklich. Ihre Liebe wird für sie beide reichen. Aber Tom hat ein anderes Leben, ist in andere Gefühle verstrickt. Sein ganzes Interesse gilt Patrick, dem Kurator des Museums in Brighton, der sich in Tom verliebt hat und ihm eine völlig neue Welt eröffnet. Für Tom ist die Ehe das sichere Versteck in einer Zeit, in der Homosexualität gesellschaftlich und gesetzlich geächtet ist. So teilen ihn die beiden Liebenden, bis einer es nicht mehr aushält und drei Leben ruiniert. Bethan Roberts erzählt diesen Roman aus Marions und aus Patricks Perspektive, zärtlich und mit großer Empathie. Es ist eine Geschichte verschwendeter Jahre, unmöglicher Liebe und durchkreuzter Hoffnungen in den 60er-Jahren, als sich die radikale Veränderung, wie man lebt und liebt, schon ankündigte, aber noch lange nicht lebbar war.

Cover: © Antje Kunstmann Verlag
Hintergrund: © covervault.com

Meine Meinung:
Hass!!! Hass war meine erste Empfindung, als ich die ersten Seiten des Buches las. Hass auf Marion, weil sie sich in ihrer selbstgerechten Art als alleiniges Opfer sieht und Patrick damit ans Messer liefert. Ich weiß, dass die Zeiten damals anders waren. Aber sollte Liebe nicht selbstlos sein? Sollte man als liebender Mensch nicht immer in erster Linie das Wohl der geliebten Person im Auge haben, egal was diese braucht, tut und will? Ich habe Marions Art gehasst. In ihrer blinden Zerstörungswut trifft sie nicht nur Patrick, sondern auch ihren Mann Tom. Eigenartig, wenn man so wenig Weitblick hat und nicht daran denkt, dass man Menschen auf das Gröbste verletzt, wenn man den von diesen Menschen geliebten Personen schadet.

Aber so schien sie zu sein. Verletzt und entsetzt. Und irgendwie habe ich sie auch als äußerst spießig wahrgenommen. Vielleicht lag es an ihrer Tätigkeit als Lehrerin, vielleicht auch an ihrer Art über alles Gewesene zu sprechen. Auf jeden Fall empfand ich sie als unsympathisch und hätte mir gewünscht, nicht nur ihre Version der Geschichte zu lesen. Überhaupt empfand ich die Art des Buches als etwas ermüdend, da nur Marion zu Wort kommt und alle Begebenheiten nur aus ihrer Sicht erzählt werden. Mir haben die Gedanken von Patrick und Tom sehr gefehlt und dadurch blieben sie mir auch fremd und ich konnte die Gefühle der beiden nicht nachvollziehen. Sicher, Marion erzählt aus der Vergangenheit und dabei kommen natürlich auch Begebenheiten zwischen Tom und Patrick zutage, aber selbst ihre Beschreibungen ließen die Beiden für mich nicht sehr viel lebendiger werden. Es war bei Weitem schon besser, als zu Anfang des Buches, aber da sie die Geschichte aus ihrer Sicht erzählt bin ich mir nicht sicher, ob sie alle Gefühlsregungen von Patrick und Tom richtig interpretiert und wiedergegeben hat. Schließlich ist es ja möglich, dass sie ganz anders empfunden haben, als Marion glaubte. Zumindest kann sie anfangs nicht die wahren Gründe gekannt haben, denn sie hat mit keinem Gedanken daran gedacht, dass zwischen Patrick und Tom mehr als bloße Freundschaft sein könnte. Etwa zu diesem Zeitpunkt mochte ich Patrick sehr gerne. Vermutlich lag es ein wenig an seiner Bildung und daran, dass er damit sowohl Tom wie auch Marion etwas voraus hatte.

Es wurde besser, als endlich Patrick zu Wort kam und seine Gedanken mit mir teilte. Er hat an sich ein gutes und gesichertes Leben, allerdings muss dieses Versteckspiel anstrengend für ihn gewesen sein. Heute würde er Tom vielleicht einfach auf einen Kaffee einladen, damals war das undenkbar und so fantasiert er sich in seinem romantischen Gehirn eine Anzahl Szenarien zusammen, die in seiner Zeit nicht wirklich umsetzbar sind. Zudem sind in seiner Vergangenheit schreckliche Dinge geschehen, wie sie keinem Menschen widerfahren sollten.

Es ist ihm etwas durch die Unwissenheit und Inakzeptanz der Menschen genommen wurden und ich weiß nicht, woher er die Kraft nahm weiterzumachen.

Überhaupt ist Patrick der einzige Charakter in diesem Buch, den ich geliebt habe. Ihn wollte ich schützen und vor allem bewahren, dass ihm schaden könnte.

Aber ich habe mich sehr für Patrick und Tom gefreut, als sie endlich einen Weg zueinander fanden. Gerade weil dieser steinig, von Angst begleitet und unendlich lang gewesen ist. Patricks Gedanken seine Zeit mit Tom betreffend waren wundervoll und zeugten von großer Zuneigung und Liebe. Aber auch in solchen Momenten haben mir Toms Gedanken gefehlt, die weder vom Erzähler noch von ihm selbst mitgeteilt wurden. Ich konnte mich nur auf Patricks Gedanken verlassen. Auf seine Sehnsucht, seine Euphorie, seinen Kummer und seinen Schmerz. Und damit war mir Patrick einfach lieber als Tom, zu dem ich sogar eine gewisse Abneigung entwickelte, da er nicht zu sich stehen kann, und mir teilweise wie ein weinerliches Kind vorkam. Er fordert permanent und scheint sich dessen keineswegs bewusst zu sein. Ich bin mir bewusst, dass es in jeder Beziehung ein Machtgefälle gibt, aber das zwischen Patrick und Tom empfand ich als furchtbar. Patrick ist verliebt, euphorisch, wagemutig und bereit seine Liebe auf jede nur erdenkliche Art zu leben. Tom dagegen schien teilweise Angst vor seinem eigenen Schatten zu haben. Was Patrick so an ihm fasziniert hat, konnte ich nicht ganz nachvollziehen.

Was ich auch nicht ganz nachvollziehen konnte, war Marions Handlung mit der sie alles ins Chaos stürzte und sowohl über sich wie auch über Patrick und Tom Unglück brachte. Ihr hat der Weitblick gefehlt und ich konnte nicht nachvollziehen, warum sie so selbstsüchtig, rachsüchtig und engstirnig gehandelt hat. Verletzte Gefühle hin oder her. Was sie getan hat, war dumm, entsetzlich und ich habe sie dafür über alle Maßen gehasst. Dieses kleine, verklemmte, engstirnige, spießige Gör hat mich maximal aufgeregt mit ihrer selbstgerechten und arrogant nervigen Jammerei. Ich, ich, ich!!! Etwas anderes schien keine Bedeutung zu haben.

Ich bin etwas zwiegespalten, was dieses Buch angeht, da ich erst nach langer Zeit darin eintauchen und mich darin verlieren konnte. Zu spät auf jeden Fall für meinen Geschmack. Und so hatte ich bis zur Hälfte des Buches kein Problem damit, dieses auch einmal für längere Zeit aus der Hand zu legen. Da ich Marion nicht mochte, war es anfangs anstrengend zu lesen und wurde erst besser, als nicht mehr nur sie allein die Begebenheiten schilderte. Auch waren leider die Zeitsprünge nicht mein Fall. Es fühlte sich an, als wenn ich immer wieder einige Puzzleteile bekommen würde, ohne jemals das gesamte Bild vollständig sehen zu dürfen. Das war ermüdend. Die Geschichte mochte ich sehr gerne und auch die Konstellation, hat mir gefallen. Aber die Umsetzung des Themas war nicht mein Fall, denn sie war mir teilweise zu spröde und ich hatte nie den Eindruck, Teil des Buches zu werden.

Erscheinungsdatum: 8. September 2014 im Verlag Antje Kunstmann
Seitenzahl Taschenbuch: 368