Am Ende sterben wir sowieso

von Adam Silvera

Klappentext:
Was wäre, wenn das Schicksal bei dir anklopft, um dich vor deinem bevorstehenden Tod zu warnen? Am 5. September, kurz nach Mitternacht, bekommen Mateo und Rufus einen solchen Anruf. Von den sogenannten Todesboten, die die undankbare Aufgabe haben, ihnen die schlechten Neuigkeiten zu überbringen: Sie werden heute sterben. Noch kennen sich die beiden nicht, doch aus unterschiedlichen Gründen beschließen sie, an ihrem letzten Tag einen neuen Freund zu finden. Die gute Nachricht lautet, dass es dafür eine App gibt: Sie heißt „Letzte Freunde“ und durch sie werden sich Rufus und Mateo begegnen, um ein letztes großes Abenteuer zu erleben – und um gemeinsam ein ganzes Leben an einem einzigen Tag zu verbringen.

Buchcover: © Illustration: © Simon Prades; Gestaltung: © Erin Fitzsimmons
Hintergrund: © covervault.com

Meine Meinung:
Das Buch beginnt mit dem Zitat „Leben – es gibt nichts Selteneres auf der Welt. Die meisten Leute existieren, weiter nichts.“ von Oscar Wilde. Ich liebe dieses Zitat, weil es so wahr ist. Und so traurig…

Mit Mateo lernte ich einen Achtzehnjährigen kennen, der dem Tod ins Auge sieht. Ich fand das auf der einen Seite spannend, aber andererseits auch erschütternd. Achtzehn… das ist kein Alter zum Sterben, sondern eines zum Leben, zum Entdecken, zum Fehler machen. Es ist ein Alter zum Lernen und um sich zu verlieben. Er ist viel zu jung um solch einem Schicksal entgegenzusehen und ist verständlicherweise erst einmal etwas mit der Situation überfordert. Trotzdem geht er irgendwie positiv mit dieser Nachricht und und versucht das Beste aus seinem letzten Tag zu machen und diesen zu genießen, denkt allerdings auch an all die Dinge, die er nun nicht mehr tun kann oder vielleicht heute zum letzten Mal macht. Als Rufus auftauchte und seinen Anruf bekommt, reagiert er auch geschockt und versucht erst einmal irgendwie weiterzumachen. So viele Dinge haben plötzlich eine ganz andere Bedeutung, die er erst erkennt, als er sein Leben noch einmal an sich vorbeiziehen lässt und dabei entdeckt, wie wertvoll und wunderschön es eigentlich ist. Ihm erschließen sich Dinge, die er vorher nicht wahrgenommen hat und er erkennt ihren Wert, als er dabei ist, sie zu verlieren. Mit jeder Stunde die sein Tod näherrückt, will er mehr vom Leben. Genauso wie Mateo, der ziemlich organisiert an die ganze Sache heranging, wie ich fand. Er hakt quasi eine Liste mit Dingen ab, die er noch erledigen will, verabschiedet sich und bleibt erstaunlich gelassen dabei. Ich fand, dass das eine sehr gute Art ist, mit dem Tod vor Augen die letzten Stunden zu verbringen. Jammern und heulen bringt nichts. Aber die eigenen Angelegenheiten zu klären und den Menschen um einen herum die Situation zu erleichtern, schon.

Irgendwie war es traurig zu lesen, dass sie erst mit dem Tod vor Augen ihr Leben zu schätzen wussten… In dieser Situation kam ihnen die App „Last Friend“ entgegen, deren Idee ich an sich nicht schlecht finde. Obwohl es vielleicht auch eher ungewöhnlich ist, in den letzten Stunden neue Menschen kennenzulernen. Ich könnte mir vorstellen, dass einige Menschen kurz vor ihrem Tod lieber Zeit mit Freunden und/oder Familie verbringen. Grundsätzlich war die Idee der App aber nicht verkehrt trifft man so doch auf

Menschen, denen es genauso ergeht wie einem selbst. Ob man dann mit diesen etwas anfangen kann, ist aber nicht sicher, denn jeder reagiert auf die Nachricht des eigenen Todes anders.

Wie verbringt man nun also die letzten Stunden, mit einem Fremden? Eine gute Frage, die Mateo und Rufus ziemlich cool klärten. Sie tun Dinge, die sie mögen und das immer mit dem Gedanken an ihren baldigen Tod im Hinterkopf. Was soll man auch groß machen? An sich hat sich zwar alles geändert, aber manche Dinge sind trotzdem gleich geblieben. Wenn sich der Hunger meldet, muss man essen und wenn sich die Seele meldet, muss man reden… Über alles. Darüber, wie sich die Welt verändert hat und noch weiter verändern wird. Darüber, was alles verloren ging und über die Dinge, die noch verschwinden werden. Und vor allem darüber, dass man nichts dagegen machen kann. So wie Matteo und Rufus ihrem Schicksal nicht entkommen können, so kann es niemand von uns. Sie versuchen das Beste aus ihrer Zeit zu machen und doch läuft sie Ihnen immer schneller und schneller davon. Zumal sie nicht wissen, wann und wie genau es vorbei ist. Sie wissen nur, dass es in den nächsten 24 Stunden passieren wird.

Ich fand, dass sie ihre Zeit perfekt genutzt haben und dass sie trotz der wenigen Stunden die ihnen blieben, lebendiger waren als manche Menschen, denen noch Jahre vergönnt sind. Mit dem Tod vor Augen ist plötzlich alles aufregend, spannend, bunt, leuchtend, lebens- und liebenswert. Alles ist unendlich leicht und doch erdrückend schwer und nichts ist mehr wichtig, obwohl alles von Bedeutung ist. Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und die Melancholie darin genauso geliebt wie die Lebensfreude. Für mich war alles perfekt ausbalanciert und selbst den Schluss empfand ich als schrecklich schön und sehr passend. Von daher empfehle ich das Buch sehr gerne weiter und freue mich schon jetzt auch weitere Bücher von Adam Silvera, obwohl Rufus und Mateo immer einen besonderen Platz bei mir einnehmen werden. Ihre Geschichte war wunderbar zart und trotz der unheimlich knappen Zeit zu keinem Zeitpunkt hastig hingeschrieben. Ich hatte sowohl zu Rufus, wie auch zu Matteo ein Bild im Kopf und wollte sie einfach nicht gehen lassen. Mir hat diese ungewöhnliche Geschichte ausserordentlich gut gefallen und ich will auf jeden Fall mehr von Adam Silvera lesen.

Erscheinungsdatum: 21. September 2018 im Arctis Verlag
Seitenzahl Taschenbuch: 336