von Jan Stressenreuter
Klappentext:
In „Und dann der Himmel“ geht es erneut um den schier undurchdringlichen Dschungel schwuler Beziehungen. Marco, dem Aushilfskellner und Synchronsprecher für steppende Ananasdosen, fällt kurz vor Weihnachten der Engel Rafael auf die Kühlerhaube. Der wurde aus dem Himmel verbannt und muss nun Gutes tun: Marco den Mann fürs Leben finden. Das bringt erst das Leben in Marcos WG gehörig durcheinander und führt zu einer skurrilen Tour mit dem VW-Bus quer durchs Land. Mit dabei sind Hamster Fridolin und die Dogge Adolf. „Warum in meinen Romanen immer wieder Haustiere auftauchen, kann ich auch nicht sagen“, sagt Stressenreuter. „Diese Figuren plane ich nie ein, sie ‚passieren‘ einfach beim Schreiben und entwickeln dann ein Eigenleben. Vielleicht liegt es daran, dass ich keine Haustiere habe. Mein Freund und ich streiten uns seit Jahren, ob wir uns lieber einen Hund oder eine Katze anschaffen sollen – bisher ohne Ergebnis.“ Jan Stressenreuters neuer Roman „Und dann der Himmel“ ist ein literarisches Road-Movie voller Situationskomik und unerwarteter Blickwechsel. Denn auch der Himmel hält seine kleinen Teufeleien parat.
Buchcover: Sergio Vitale, Bildmaterial: © getty images
Bild: © ›Buchsüchtig-Queerblog‹
Meine Meinung:
Ich mochte Marco sofort, da er mir so unendlich normal erschien und er mir einfach sympathisch war. Lustig fand ich, dass er einen Engel traf und diesen mit nach Hause nahm. Seine Mitbewohner fanden das scheinbar auch lustig und glauben ihm weder, dass Rafael ein Engel ist, noch dass er vom Himmel auf sein Auto fiel. Zugegeben, dass ist auch wirklich etwas außergewöhnlich. Im Gegenzug dazu, ist Marcos Leben völlig normal. Er schlägt sich so irgendwie durch, arbeitet hier und da und bekommt sein Leben mehr schlecht als recht auf die Reihe. Also wie alle irgendwie und ich habe mich ihm nah gefühlt. Ein ganz normaler Typ eben, der weder etwas besonderes hat noch ist und dem man vermutlich jederzeit irgendwo begegnen könnte. Ich mochte ihn sofort und war gespannt, wie es mit ihm weitergeht.
Über die Quasselstrippe Rafael habe ich mich fast bepisst vor Lachen. So ein Typ!! Große Klappe und viel Herz. Auch ihn habe ich sofort ins Herz geschlossen. Er ist in keinster Weise so, wie man sich einen Engel vorstellt und genau das machte ihn so wahnsinnig sympathisch. Durch ihn erfuhr ich auch, dass es im Himmel absolut nicht so läuft, wie es der allgemeinen Meinung entspricht und Rafael nahm kein Blatt vor den Mund um sich darüber auszukotzen. Auch gegenüber Marco ist er nicht gerade auf den Mund gefallen und spricht alles so aus, wie er es in dem Moment empfindet und wahrnimmt. Nur mit seiner Allwissenheit bringt er Marco innerhalb kürzester Zeit immer wieder auf die Palme. Zudem hat dieser sehr großes Interesse an Rafael, was die ganze Kiste noch witziger und komplizierter machte. Rafael stellt Marcos Leben innerhalb kürzester Zeit komplett auf den Kopf, freundet sich mit dessen Freunden an und gemeinsam haben sie bald die beste Zeit ihres Lebens, bei der Rafael sich zwar permanent um Kopf und Kragen redet und Marco einen Herzinfarkt nach dem anderen erleidet, aber auch wundervolle Dinge passieren, die ohne Rafaels Zutun sicher nicht geschehen wären und die mich nur so durch die Seiten fliegen ließen. Es war einfach zu spannend und lustig, als dass ich auch nur eine Sekunde mit Rafael hätte verpassen wollen.
Aber es werden auch ernste Töne angeschlagen, denn Rafael ist nicht grundlos bei Marco. Er hat eine Mission und diese beinhaltet unter anderem, dass sich Marco mit seinem Leben und allem was darin bisher nicht so gut läuft auseinandersetzt. Dieses Aufarbeiten seines bisherigen Lebens ist schmerzlich für Marco und er leidet mit jeder neuen Erkenntnis mehr und mehr. Sich selbst ins Gesicht zu sehen, ohne Maske ist vermutlich das Schwerste, was ein Mensch ertragen muss. Und Rafael ist gnadenlos, lässt Marco wieder und wieder sich selbst erkennen, bis dieser beinahe zusammenbricht und die Welt eine andere ist. Er sieht wo er Fehler gemacht hat, wo er hätte anders handeln müssen und dass niemand perfekt ist. Genauso wenig, wie nur einer die Schuld an allem trägt, was nicht ideal gelaufen ist. Marco lernt in dieser Zeit mit Rafael sehr viel über sich selbst, über die Menschen und das Leben im Allgemeinen und Jan hat es geschafft, dass es zu keinem Zeitpunkt überheblich oder belehrend wirkte, sondern wie ein „An-die-Hand-nehmen-und-leiten“. Das mochte ich wahnsinnig an dem Buch.
Es gibt keine Schwarz-Weiß-Malerei in der Geschichte. Nichts und niemand ist nur gut oder nur schlecht, sondern alle haben ihre lichtvollen wie dunklen Seiten und Perfektion sucht man vergebens. Marcos Weg zu sich selbst und dazu, sich selbst anzunehmen, Fehler zu erkennen und zu lernen was er besser machen kann, war irgendwie heilend. Nicht alle Fehler die wir machen bedeuten gleich den Weltuntergang und führen in die Katastrophe. Aber die Augen zu verschließen, nicht dazulernen zu wollen und sich nicht weiterzuentwickeln, führt dazu. Es gibt immer einen Weg und das war es vielleicht auch, was Marco lernen durfte.
Für mich war es mal wieder ein Wohlfühlbuch mit dem gewissen Extra. Bevölkert mit Charakteren, die normal verrückt waren und auch so handelten. Kurzweilig, unterhaltsam, hintersinnig und ganz wunderbar.
Erscheinungsdatum: 2. Februar 2006 im Querverlag Berlin
Seitenzahl Taschenbuch: 360