Willigene – Sommersturmtage

von Isabella Straub

Klappentext:
1953, New England.
Niemals hätte der eifrige, junge Kunststudent William Steinfield erahnen können, dass ein unverhoffter und schöner Fremder namens Eugene und die raue Küste New Englands seine Zukunft so durcheinander werfen würden. Denn was anfangs als persönliches Praktikum bei seinem Fotografie-Professor geplant war, verweht schicksalhaft in einem Sturm unterdrückter Gefühle, der den Sommer unvergesslich machen soll. Wären da nicht Eugenes Vergangenheit und die Regeln der Gesellschaft, deren drohenden Schatten stets über ihnen hängen und alles zu zerstören drohen.

Ein romantischer Roman, der zu Tränen rührt und das Schicksal zweier junger Männer in einer Zeit beleuchtet, in der es eine Herausforderung ist, man selbst zu sein und den Weg zu gehen, den mal wählt.

Bild: © Buchsüchtig
Cover: © Isabella Straub

Meine Meinung:
Das erste Zusammentreffen zwischen William und Eugene verlief nicht gerade glücklich, da Eugene William sehr abweisend behandelt und William etwas verzweifelt ist, da er nicht das bekommt, was er erwartet hat. Trotzdem geht William Eugene nicht aus den Kopf und seinen ersten Abend beschließt er mit Gedanken an ihn. Ich empfand es als eigenartig, dass sich William nach einem Streit mit Eugene nur fragte, ob dieser ihn wirklich charmant fand, so wie dieser gesagt hatte. Nach ihrem Gespräch hätte ich mir ganz andere Fragen gestellt. Auch als Eugene sich William gegenüber öffnete empfand ich das als ein wenig übereilt. Erst ist er erschüttert, dass William in seinem Zimmer ist und nur Minuten später breitet er sein Gefühlsleben vor ihm aus. Das ging mir eindeutig zu schnell. Etwas mehr Zeit hätte er sich mit dieser Offenbarung schon lassen können. Heute mag das kein Problem mehr sein. Aber 1953? In einer Gesellschaft die so konservativ ist? Hm…

Ihre Beziehung danach war kompliziert aber liebevoll. Teilweise etwas zu naiv und leichtsinnig in meinen Augen und auch etwas zu sehr verklärt. Dabei allerdings überaus romantisch, auch wenn es mir manchmal etwas zu viel wurde und mir einiges auch einfach zu „glatt“ lief. In dieser Zeit konnte ein Mann sehr viel verlieren, wenn seine Homosexualität bekannt wurde. Ich hätte mir gewünscht, dass die sich aus der Liebe zwischen zwei Männern möglicherweise ergebenden Probleme etwas mehr in den Fokus gerückt worden wären. Ich mag es, wenn ich mehr Hintergrundinformationen bekomme und den Eindruck habe, dass sie der/die Autor*in sehr eingehend mit der Zeit in der die Geschichte spielt befasst hat. Hier hatte ich leider den Eindruck, dass sie auch gut fünfzig Jahre später hätte spielen können. Aber das ist Geschmackssache.

Sprachlich war das Buch absolut ok, da der Schreibstil flüssig ist und sich gut lesen ließ. Anfangs hatte ich trotzdem ein paar Probleme in die Geschichte hinein zu finden. Aber als dann der Knoten erstmal geplatzt war, mochte ich nicht mehr aufhören zu lesen und konnte das Buch kaum weglegen. Gene ist einfach nur wundervoll, obwohl er meiner Meinung nach eine gebrochene Seele hat. Und auch William mochte ich, da er eine interessante Wandlung durchläuft. Es ist kein reines „Wohlfühlbuch“ da dafür einfach Themen angesprochen werden, mir denen man sich nicht unbedingt wohlfühlen kann. Allerdings waren diese sehr behutsam aufgearbeitet und das gab dem Buch eine zarte Melancholie, die ich sehr geliebt habe. Hier gibt es nicht „den Helden“ der in seiner strahlenden Rüstung um die Ecke kommt und alles und jeden vor dem Unheil bewahrt. Vielmehr sind es in diesem Buch eher die leisen, versteckten Töne, die es besonders machen. Eine Reise zum eigenen Selbst und die Hindernisse, die sich einem in den Weg stellen…

Ich bin froh, dass ich es gelesen habe und Will wie auch Gene kennenlernen durfte. Gerade bei Gene war es schön, in mit jeder Seite besser verstehen zu lernen, da er ein sehr zarter Charakter ist, der nicht um seine eigene Stärke weiß und bei dem ich immer wieder hoffte, dass er sie doch endlich erkennen möge. Ich hätte sehr gerne mehr über ihn erfahren, wäre gerne tiefer in seinen Geist gedrungen. Vielleicht war es aber auch besser, dass eben nicht alles ausgebreitet und zerredet wurde, denn so behielt er seinen Zauber bis zum Schluss. Mit dem Ende habe ich nicht gerechnet, aber es passte zur Geschichte, die ich auf jeden Fall gerne empfehle, auch wenn sie mich nicht völlig umgehauen hat.

Erscheinungsdatum: 29. Dezember 2020
Seitenzahl Taschenbuch: 148