Das unglaubliche Leben des Wallace Price

von TJ Klune

Klappentext:
Der erfolgsverwöhnte Anwalt Wallace Price kennt nur drei Dinge: Arbeit, Arbeit und noch mal Arbeit. Es kommt ihm daher äußerst ungelegen, als er eines Tages tot umfällt und in der Zwischenwelt landet. Dort erwartet ihn der Wächter Hugo, der Wallace auf seine Reise ins Jenseits vorbereiten soll. Doch Wallace ist noch nicht bereit, und so wird ihm Zeit gewährt, um seine Angelegenheiten zu ordnen. Zeit, in der Wallace den wahren Sinn des Lebens entdeckt. Und die Liebe findet …

Cover: © Das Illustrat GbR, München, unter Verwendung einer Illustration von Red Böse Studio

Meine Meinung:
Mit Wallace Price lernte ich einen arroganten, widerlichen Schnösel kennen, dessen Tod ich nicht bedauert habe und der in meinen Augen noch viel zu lernen hatte. Sein Selbstbild ist völlig verschoben und ich musste innerlich über ihn lachen. Sein Tod tat mir nicht leid, da es niemanden zu geben schien der ihn vermisste. Was mich zu der Vermutung verleitete, dass er kein angenehmer Mensch gewesen sein konnte. Dafür war Mei umso cooler. Sie ist es, die Wallace nach seinem Tod abholt und ich habe ihre lockere Art zusammen mit ihrer großen Klappe vergöttert. Sie hat absolut nichts mit Wallace gemeinsam und gerade diese Gegensätzlichkeit habe ich geliebt. Mit der Zeit lernte ich Wallace etwas besser kennen und gewann den Eindruck, dass er ein sehr einsamer Mensch gewesen sein musste, der keine nennenswerten sozialen Kontakte in seinem Leben hatte und ich habe für ihn gehofft, dass es in seinem Tod anders für ihn läuft, da er mir zwar nicht sympathisch wurde, aber ich so etwas wie Mitgefühl für ihn entwickelte, welches aber schnell wieder verschwand, als Nelson auf die Bildfläche trat. Diesen habe ich sofort in mein Herz geschlossen. Allein schon deshalb, weil er Wallace sofort durchschaute und das diesen auch spüren ließ. Wallace hat an diesem Punkt noch unheimlich viel zu lernen und ich hatte den Eindruck, dass Nelson ihm diesen Weg nicht gerade leicht machen würde, was mich diebisch gefreut hat.

Während Wallace‘ Aufenthalt bei Hugo vollzog sich eine ganz wunderbare Verwandlung seines Wesens. Er lernt, versteht langsam immer mehr, wächst und entwickelt sich. Alle Fehler seines Lebens verarbeitet er allmählich und wird so im Tod ein besserer Mensch, als er es im Leben jemals war oder hätte sein können. Es dauerte etwas, aber nach einiger Zeit habe ich ihn tatsächlich gemocht, obwohl er nicht an meine Sympathie gegenüber Hugo heranreichte. Ihr Zusammenleben, ihr Zusammenspiel, auch mit Mei und Nelson war wundervoll. Der Alltag, der sich ganz allmählich im Café einstellte, gefiel mir so gut dass ich hoffte, er würde niemals enden.

Vor allem ab dem Punkt, an dem sich die Dinge änderten und sich eine sehr zaghafte Annäherung zeigte, die mich hoffen ließ. Wallace lernte so unendlich viel, vor allem über sich und darüber sich zu akzeptieren, dass ich ihm alles Glück dieser Welt gewünscht habe. Und so unsympathisch er mir am Anfang des Buches war, so sympathisch wurde er gegen Ende.

Es war schön zu lesen, wie das Leben aller Beteiligten im Café vonstatten ging und sich entwickelte. Ich wollte nicht, dass Wallace sein eigentliches Ziel erreicht, denn das hätte das Ende von etwas ganz Wundervollem bedeutet, das gerade erst im Begriff war zu entstehen und das Leben aller glücklicher, bunter und schönes gemacht hätte.

Für mich war es wieder ein Wohlfühlbuch, das mich wie eine warme Decke einhüllte, denn die Geschichte um Wallace, Hugo und das Café enthält natürlich wieder eine Botschaft, die für uns alle von Bedeutung sein sollte. Es war einfach schön zu lesen, wie er sein Leben reflektiert, seine Fehler akzeptiert und aus ihnen lernt. Wie er versucht ein besserer, liebenswerterer Mensch zu werden und erkennt, was er in seinem bisherigen Leben falsch gemacht und durch diese Fehler verpasst hat. Aber am schönsten war es zu lesen, wie er lernte sein Ego zu überwinden und selbstlos zu sein. Anderen zu helfen, obwohl er selbst Hilfe brauchte und kaum wusste, wie er weiter existieren sollte. Er gibt alles, um es den Personen um sich herum leichter zu machen, sie auf den richtigen Weg zu begleiten und verliert sich dabei fast selbst. Dass er im Tod eine große Bedeutung für andere hatte, überraschte ihn vermutlich am meisten, denn im Leben schien es niemanden zu geben, dem er wirklich etwas bedeutete. Im Tod war das anders und seine Rolle, seine Funktion waren unendlich wichtig. Endlich hatte er eine sinnvolle Aufgabe, die ihn erfüllte und glücklich machte.

Ich denke, dass man dieses Buch lieben wird, wenn man „Mr. Parnassus Heim für magisch Begabte“ geliebt hat. Es gibt durchaus Parallelen, obwohl die Bücher nichts miteinander zu tun haben. Ich mochte das Buch sehr und habe es gerne gelesen, obwohl der moralische Zeigefinger vielleicht einmal zu oft erhoben wurde. Aber darüber kann ich hinwegsehen, denn der Rest der Geschichte war ganz wundervoll und hat mir gut gefallen. Auch der Schreibstil war für mich angenehm zu lesen. Ich freue mich jetzt noch mehr auf weitere Bücher dieses Autors. Auch wenn ich hoffe, dass sie nicht mehr demselben Schema folgen wie „Mr. Parnassus Heim für magisch Begabte“ und „Das unglaubliche Leben das Wallace Price“.

Erscheinungsdatum: 11. April 2022 im Heyne Verlag
Seitenzahl Taschenbuch: 480