Die Verlorenen von Assandur

von Màili Cavanagh

Klappentext:
Eine ferne Zukunft …
Drei Jahre sind seit dem blutigen Aufstand der genetisch verbesserten Klone, die in zukünftigen Kriegen Kanonenfutter sein sollten, vergangen. Die Kurōns, wie man sie nennt, sind danach geflohen und halten sich seitdem versteckt, doch dann taucht einer von ihnen auf einer Station der Allianz auf. Mit seinem Erscheinen kommt ein dunkles Geheimnis ans Tageslicht. Eines, das selbst den gestandenen Star Marshal Ray Stryker in seinen Glaubensgrundsätzen erschüttert. Niemals hätte er gedacht, ihnen vertrauen zu können – oder sich sogar in einen von ihnen zu verlieben.

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Meine Meinung:
Silian Atlee mochte ich allein schon deshalb, weil er mir idealistisch vorkam. Ein Arzt, der sich zu seiner Tätigkeit berufen fühlt und diese so gut er kann ausübt, auch wenn er sich all der Missstände um ihn herum durchaus bewusst ist und diese verabscheut. Mit Ray Stryker trat ein Mann auf die Bildfläche, dessen Verlust ich betrauert habe und dessen Melancholie ich genauso nachvollziehen konnte wie seine Todessehnsucht. In seiner Situation wäre ich nicht so stark gewesen, hätte nicht so kämpfen können und ganz sicher hätte ich nicht weitergemacht. Er aber ist anders. Soviel stärker und kämpferischer. Ich mochte ihn sofort und war unendlich neugierig auf seine Geschichte.

Als Conan auf Silian traf, kam auch er mir wie ein Kämpfer vor. Allerdings auf eine andere Art. Auf mich wirkte er wie jemand, der lieber sterben würde, als sich zu ergeben. Der lieber die Welt in Schutt und Asche legt, als auch nur einen Millimeter seiner Selbstbestimmung aufzugeben. Stolz, gerechtigkeitsliebend, aber dabei auch besonnen, denn trotz seiner Gefühle geht er nicht zwangsläufig über Leichen. Er agiert beherrscht und so überlebte Silian erstmal obwohl er eigentlich im Weg ist.

Hoffnungslosigkeit und Kampf beherrschten die ersten Seiten des Buches und zeichneten eine Welt, die düster, brutal und nur für die Starken gemacht ist. Dies zog sich wie roter Faden durch die Kapitel und ich habe es geliebt. In dieser Welt hat Schwäche keine Chance, genauso wenig wie alles Zarte, Lichtvolle und Gute. Es hat mich also nicht gewundert, dass Ray den Tod suchte… An seiner Stelle, in seiner hoffnungslosen Situation hätte ich vermutlich ähnlich gehandelt und hoffte beim Lesen trotzdem, dass sich alles für ihn zum Guten wenden würde. Es hat nichts mehr zu verlieren, denn ihm wurde schon alles genommen und so konnte er seiner Todessehnsucht leicht nachgeben, da er allein aufgrund seiner Arbeit immer wieder in gefährliche Situationen manövriert wurde.

Was mir in diesem Buch sehr gut gefallen hat, war die Situation der Menschen. Sie sind nicht länger die arroganten Übergötter, die im Hier und Jetzt die Erde zerstören, sich über alles erheben und glauben, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Ihre Situation, ihre Stellung ist eine andere. Obwohl Arroganz wohl etwas ist, dass die Menschheit nie völlig ablegen wird… Und dabei war sie in dieser Situation nicht nur völlig unangebracht und überflüssig, sondern nahezu gefährlich.

Ray hatte sich einen Plan zurechtgelegt, der nicht so richtig aufging und somit entwickelte sich erst einmal alles anders, als von ihm gewünscht und erhofft. Gefühle flammen auf, die niemand wirklich versteht. Am wenigsten die Betroffenen und ich habe mich gefragt, wie es wohl mit ihnen weitergeht. Ob es überhaupt weitergeht, denn eine Beziehung oder etwas ähnliches ist an sich aus unterschiedlichen Gründen völlig unmöglich und doch habe ich mir eine positive Entwicklung gewünscht da ich glaubte, dass sie für beide Parteien das Richtige ist. Ich habe es mir so sehr gewünscht, auch wenn die Chancen selbst bei Erfüllung meiner Wünsche denkbar schlecht standen…

Und obwohl Ray und Silian in einer absolut ausweglosen Situation sind, in der ihr Leben kaum noch Wert besitzt und sie beide mit Problemen zu kämpfen haben, die nichts mit dem jeweils anderen zu tun haben, so haben ich doch für jeden von ihnen gehofft, dass sie ihre Ziele erreichen. Und auch für Conan habe ich gehofft, denn er befindet sich in einer Situation, die ihn überfordert und in der er keine Hilfe erwarten kann. Aber da er ein Kämpfer ist, lernwillig und lernfähig, beißt er sich erstaunlich gut durch und ich habe ihn sehr ins Herz geschlossen. Nach außen mag er hart und skrupellos wirken, das ist er auch, aber er ist auch dazu in der Lage, Denkmuster neu zu ordnen, dazuzulernen, Wünsche zu respektieren, ihnen zu entsprechen und sie teilweise zu erraten. Ich mochte ihn, denn er ist kompliziert, verschachtelt und dabei doch so schlicht und einfach in seinen Wünschen für sich und in seinem Verlangen nach den Dingen, die er will und braucht, dass ich ihn sehr gut verstehen konnte. Genauso, wie ich Ray verstanden habe.

Was mich aufgebracht hat, waren die Intrigen, die in diesem Buch gesponnen wurden. Die Missstände, über die hinweggesehen wurde, weil Macht von den falsche Personen ausgeübt wurde. Und am meisten haben mich die Erpressungen wütend gemacht. Personen werden durch Beziehungen und die damit verbundenen Gefühle angreifbar und verletzlich und in meinen Augen ist es verachtenswert diesen Umstand auszunutzen. Ehre ist so ein Ding, dass manche hier in diesem Buch weder im Leib haben noch verstehen. Und dann gibt es die, die beinahe zuviel davon mit sich herumtragen und drohen daran zu zerbrechen. Mein Gefühle schwankten beim Lesen zwischen Wut, Verständnis, Mitleid, Hoffnung, Trauer, Mitgefühl, Freude und vielen anderen Dingen, für die ich keine Namen habe und ich denke, dass man in diesem Buch sehr gut erkennen kann, wie dumm, kleingeistig, vorurteilsbehaftet, ängstlich und lebensunfähig Menschen eigentlich sind. Sie halten gerne an ihren Vorurteilen fest und sind selten in der Lage dazuzulernen. Und diese Engstirnigkeit kostet Leben. Immer wieder. Jeden Tag. Gestern, heute, morgen… Hier, dort, überall…

Aber es gibt auch Licht, Hoffnung und Wunder. Das Ende passt zum Buch und ich habe dieses trotz all des in ihm beschriebenen Leides mit einem guten Gefühl geschlossen. Für mich ist es ein kurzweiliges Vergnügen gewesen mit Charakteren, die ich gemocht habe und auch mit solchen, die ich gehasst habe. Sie alle waren irgendwie kantig, haben eine Vergangenheit, die sich auf ihre Gegenwart und Zukunft auswirkt und sie waren zu keinem Zeitpunkt langweilig.

Von mir gibt es eine Leseempfehlung für all jene, die Science-Fiction mögen und keinen Wert auf die langweilig-perfekten Kerle legen, die man so oft in Büchern findet. Ich hätte gerne noch weitergelesen, denn die Geschichte war spannend und wundervoll erzählt und mir blieb kein Charakter fremd.

Erscheinungsdatum: 5. Juni 2022 im Dead Soft Verlag
Seitenzahl Taschenbuch: 340